Existenzgründung im Handel – Teil 1: Die Geschäftsidee

In unserer täglichen Praxis kontaktieren uns viele Existenzgründer und solche, die gerade mit dem Gedanken spielen, sich selbständig zu machen und eine Firma zu gründen. In unserer Artikelserie mit dem Titel „Existenzgründung im Handel“ greifen wir die häufigsten uns gestellten Fragen auf, um auch anderen Interessierten unsere Tipps und Infos zugänglich zu machen. Im ersten Teil unserer Serie behandeln wir das Thema „Die Geschäftsidee“.

Gier ist schlecht!

Auch wenn Herr Gordon Gecko aus dem Filmklassiker Wall Street uns wahrscheinlich widersprechen würde: Lassen Sie sich bei den Überlegungen zu Ihrer Existenzgründung nicht von Gier blenden. Die Gefahr von solcher Verblendung lauert dort, wo Sie ein scheinbar unschlagbar günstiges Angebot aus dem Großhandel finden, für das Ihnen sofort die geeigneten Verwertungsmöglichkeiten, beispielsweise auf Online-Auktionshäusern einfallen. Oder noch schlimmer: Sie finden ein entsprechendes Angebot zum Import beispielsweise aus Asien, das Sie gerne in Deutschland – also in die EU- in Verkehr bringen möchten, wie der Fachmann sagt.

An beiden Gelegenheiten ist prinzipiell nichts Falsches und eine günstige, seriöse Bezugsquelle für ein Produkt, mit dem man sich bestens auskennt ist etwas sehr feines! Doch das gerade das ist der Knackpunkt – zunächst einmal sollten Sie sich mit der Produktgattung, die Sie zu handeln beabsichtigen, auch wirklich sehr, sehr gut auskennen, um diese zum Objekt Ihrer neuen Selbständigkeit zu machen. Wie wollen Sie sonst wirklich beurteilen, ob Angebote aus dem Großhandel oder zum Selbstimport wirklich gut sind? Wie wollen Sie sonst Kundenreklamationen fachmännisch behandeln? Wie wollen Sie die Abverkaufschancen sonst realistisch einschätzen?

Unserer Meinung nach können Sie den Handel mit komplizierten Elektrogeräten komplett vergessen, wenn Sie von Technik keine Ahnung haben, Ihre Kompetenzen aber im Bereich von Lebensmitteln haben. Sie sind Hobbykoch, lesen seit Jahren Fachmagazine zum Thema, kennen die Vorzüge und Fallstricke von Bio-Lebensmitteln in- und auswendig, waren schon einmal in einer TV-Kochshow als Kandidat  und geben Freunden und Bekannten gerne Infos über den richtigen Einkauf von Lebensmitteln und deren anschließende Zubereitung? Dann sollten Sie Ihre Geschäftsidee vielleicht auf dieses Segment konzentrieren.

Für Ihre Selbständigkeit sollten Sie brennen!

Im letztgenannten Beispiel kommt neben Kompetenz noch ein wichtiger Faktor ins Spiel: Die Lust am Produkt. Wenn Sie Ihr Produktsortiment auch persönlich begeistert, dann können Sie auch andere Personen hierfür faszinieren. Nichts ist überzeugender als ein Verkäufer, der glaubwürdig und ehrlich engagiert rüberbringt, dass die eigene Produktwelt bunt, faszinierend und spannend ist. Gepaart mit Kompetenz und Seriosität drei wesentliche Bestandteile wirklich guter Kundengespräche.

Das interessiert Sie nicht, da Sie einen Online-Shop im Kopf haben oder Verkäufer einstellen wollen? Wie wollen Sie ohne für Ihre Produkte zu „brennen“ überzeugende und verkaufsstarke Produktbeschreibungen verfassen? Wie wollen Sie Ihre Mitarbeiter motivieren? Wie wollen Sie „mit gutem Beispiel vorangehen“?

Sie sehen: Zu Fachkompetenz sollte sich im Optimalfall auch ein Faible für Ihre Produkte gesellen, damit Ihre Existenzgründung auf einem soliden Fundament steht. Dieses Faible hilft auch auf einer anderen Baustelle, getreu dem geflügelten Wort „Selbst und ständig“. Kling witzig, ist aber so: Gerade als Existenzgründer müssen Sie oft möglichst 24 Stunden am Tag am Ball bleiben, Ihr Geschäft „atmen“, der erste im Geschäft sein und der Letzte, der es am Ende des Tages wieder verlässt. Von Dienstreisen, Messebesuchen, Lieferanten- und Kundenbesuchen mal abgesehen. Dieses notwendige Engagement fällt erfahrungsgemäß leichter, wenn die Sache Spaß macht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rechtliche Aspekte der Geschäftsidee

Auch wenn es verfrüht erscheinen mag: Klopfen Sie bereits in diesem Stadium ab, ob Ihre Geschäftsidee für die Existenzgründung überhaupt legal  oder unter bestimmten rechtlichen Aspekten durchführbar ist, bspw.:

  • Darf das Produkt in Deutschland ohne Einschränkungen vertrieben werden?
  • Wenn nicht, sind die Einschränkungen derart, dass das Vorhaben der Existenzgründung dennoch durchgeführt werden kann (bspw. über Identitätsprüfung beim Paketversand für altersbeschränkte Medien)?
  • Bestehen für das Produkt Vertriebsbeschränkungen seitens des Herstellers?
  • Handelt es sich um Originalware?
  • Ist das Produkt bereits in die EU eingeführt oder müssen Sie selbst dies mit allen Pflichten übernehmen?
  • Müssen Sie für den Handel mit dem Produkt weitere Qualifikationen erwerben, bspw. einen Führerschein für Gefahrgüter?
  • Usw.

Die obigen Fragestellungen reißen nur einen Ausschnitt wichtiger rechtlicher Aspekte an, zu denen Sie sich kundig machen sollten. Auf viele dieser Fragestellungen gehen wir übrigens zu einem späteren Zeitpunkt dieser Artikelserie noch ein.

Bezugsquellen für Existenzgründer

Mögliche Bezugsquellen für Existenzgründer hatten wir ja schon unter dem Aspekt „Gier“ angesprochen. Dort wollten wir Ihnen keine Angst machen, aber für den sorgsam recherchierten, kompetenten Umgang mit Angeboten sensibilisieren. Unserer Meinung nach empfiehlt sich gerade für Existenzgründer ein Multichannel-Ansatz in der Beschaffung, um das eigene Produktsortiment auf möglichst breit gestreute Art zu sichern und ggf. Lieferantenausfälle durch andere Bezugsquellen abfangen zu können. Die Ermittlung geeigneter Bezugsquellen ist so vielfältig, dass wir auch diesem Prozess einen eigenen Teil in dieser Artikelserie widmen werden. Zum Zeitpunkt der Prüfung einer Geschäftsidee möchten wir Sie nur darauf hinweisen, dass die Konzentration auf einen Lieferanten zwar eine enge Bindung an denselben verspricht, aber auch die Gefahr der Existenzbedrohung, falls dieser einmal ausfallen sollte. Wenn Sie Ihr Geschäft langfristig aufstellen wollen, sollten Sie über ein größeres Portfolio an Lieferanten verfügen.

Wie verkaufen?

Neben einer Vorstellung, wo Sie was einkaufen können, sollten Sie auch wissen, wie und wo Sie etwas im Rahmen Ihrer Unternehmung verkaufen wollen? Im stationären Einzelhandel? Im Versandhandel oder einem Online-Shop? Auf Märkten und Messen?

Ausschlaggebend hierfür sind zum Einen Aspekte des Produkts – eignet sich dieses für den Versand oder wird es typischerweise an der Ladentheke verkauft? Wie sind die Abmaße und das Gewicht des Produkts – und zwar in seiner Verpackung! Wie hoch wären die Kosten des Versands? Wie wird das Produkt typischerweise von der Zielgruppe gekauft? Wie dringend ist dieser Bedarf? Fragen zum Produkt werden Sie sicher einfach beantworten können, denn Sie kennen sich ja aus 😉 Fragen zur Zielgruppe sind etwas diffiziler, hierzu mehr im nächsten Teil unserer Serie.

Fazit

Sie haben eine klare Vorstellung, mit welchen Produkten Sie im Handel selbständig werden wollen? Ihnen schwebt durchdacht vor, auf welchen Distributionskanälen Sie aktiv werden wollen? Sie kennen sich mit den Produkten gut aus und können sich optimalerweise gut mit ihnen aus? Grundlegende rechtliche Aspekte sind abgeklopft? Eine Recherche hat ein Bündel von Lieferanten ergeben, die potentiell als Bezugsquelle in Frage kommen?

Glückwunsch! Dann können Sie sich an einen Business Plan machen – was das ist und wie ein Business Plan erstellt werden kann, erfahren Sie in Teil 2 unserer Artikelserie zur Existenzgründung im Handel!

PS: Weitere Informationen und Inspirationen zum Thema Geschäftsideen im Handel gibt es bspw. unter:

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